6 Der Kontext 2: Die Renaissance-Kommentare zu Pseudo-Proklos’ Sphaera

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10.34663/9783945561379-07

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Biank, Johanna (2019). Der Kontext 2: Die Renaissance-Kommentare zu Pseudo-Proklos’ Sphaera. In: Pseudo-Proklos’ Sphaera: Die Sphaera-Gattung im 16. Jahrhundert. Berlin: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

6.1 Die Analyse der Kommentare zu Pseudo-Proklos’ Sphaera

6.1.1 Die Begriffe: „Textgattung“ und „Kommentar“

Im Mittelalter werden Gruppen der Literatur nur grob unterschieden nach den Kriterien Inhalt, Metrik, Sprechsituation, Absicht, Fiktionalität und Stil.1 Auch heute noch bezeichnet „Gattung“ eine Gruppe von Texten mit derselben Funktion und denselben Eigenschaften, die von den Autoren dieser Gruppe zugeordnet werden, etwa durch den Titel. Das falsche Wort „Gattung“ stammt aus dem 15. Jahrhundert von „gatten“ („zusammenkommen“), das in Luthers Bibelübersetzung für das griechische Wort γένος (genos) verwendet wird.2 Gattungstheorie wird v. a. im 17.–19. Jahrhundert betrieben. Nach heutiger Ansicht teilt eine „Gattung“ Texte einer bestimmten Gruppe zu wie Epik, Lyrik, Drama und Sachtexte, wobei diese Texte bestimmte formale Merkmale teilen müssen.3

Kommentare entstehen seit der Antike aus Lehrkontexten als Erklärungshilfe eines Werkes durch Lehrer für ihre Schüler. Die frühesten westlichen Kommentare stammen aus dem Griechenland des 5. Jahrhunderts, z. B. Glossen zu Homer4 und Sachbücher wie das Traktat De vetera medicina aus dem Corpus Hippocraticum. Kallimachos’ Pinakes sind der erste Beleg für eine Definition von „Sekundärliteratur“, die er in Geschichtsschreibung, Rhetorik und Philosophie unterteilt.5 Zwar sprechen antike Kommentatoren nicht von einer „Textgattung“, aber sie reflektieren über die Besonderheiten und die Strukturierung einer Textgruppe. Im Mittelalter ist die Kommentarform der Quaestio vorherrschend, die aus Pro- und Kontra-Argumenten zu einer Frage neben dem Kommentar ad litteram besteht, gefolgt von der Meinung des Autors und der Auseinandersetzung mit den vorher genannten Argumenten.6 Humanistische Kommentatoren bringen ihren Erfahrungshintergrund bei der Kommentierung antiker Texte ein.7 Der flämische Lehrbuchautor Joachim Sterck van Ringelbergh (Ringelbergius) z. B. schreibt in seinem didaktischen Werk, dass er in Lehrbüchern einen Praxisbezug anstrebe.8

Die Kommentatoren verwenden verschiedene Methoden, um den Sphaera-Text leserfreundlicher zu gestalten. Einige Kommentare beginnen mit einer Einleitung nach scholastischer Manier wie jener des Johannes Stöffler, Anonymus Hauniensis und Johannes Hagius. Am Anfang steht das Aufstellen einer Behauptung; es folgt die Anführung der für und gegen sie sprechenden Argumente und die Entscheidung über ihre Richtigkeit. Eine Zwischenstufe zwischen Übersetzung und Kommentar stellt Vallas Paraphrase ohne Angabe von Autor, Titel und Kapiteleinteilung dar. Die in Handschriften erhaltenen Kommentare sind als Fließtexte verfasst (Hagius, Anonymus Hauniensis, Cod. Guelf. 256), mit Ausnahme der Notizen zu Rheticus’ Vorlesung. Stöfflers Kommentar wird wie ein Lexikon durch Marginalien die teilweise veränderte Kapitelreihenfolge gegliedert und mit Abbildungen, Tabellen und Begriffslisten illustriert.

„Wissenschaft“ ist in der Frühen Neuzeit die Ergänzung des tradierten (antiken) Wissens durch eigene praktische Erfahrungen, die der Auseinandersetzung mit dem zu kommentierenden Text entstammt.9 Die humanistische Wissenschaft strebt als scientia universalis danach, mithilfe textkritischer Methoden das antike Wissen und den antiken „Geist“ in seiner ursprünglichen Form zu rekonstruieren. Ein humanistischer Naturwissenschaftler ist z. B. Johannes Regiomontanus.10 Mit dieser Bewegung hängt auch der vermehrte Buchdruck zusammen. Daher entstehen neue Textgattungen wie wissenschaftliche Lehrbücher.11 So betont Thomas Kuhn die Bedeutung von Lehrbüchern zur Festsetzung konservativer Paradigmen.12 Gaston Bachelard schreibt, dass Lehrbücher keine Innovationen, sondern überkommenes Wissen lehren. Erst die Trennung von Wissenschaftsproduktion und -vermittlung in der Neuzeit führt zum wissenschaftlichen Zeitalter.13

Allerdings sind die Renaissance-Kommentare kritischer als die mittelalterlichen.14 Deshalb soll hier gezeigt werden, dass frühneuzeitliche Lehrkommentare durchaus als „wissenschaftlich“ gelten können und keine veralteten Inhalte vermitteln, indem sie durch Bearbeitung eine Innovation bewirken können. Die Kommentare zu Pseudo-Proklos’ Sphaera enthalten Messtechnik und Instrumentenkonstruktionen sowie neuere Messwerte und Definitionen der astronomischen Termini. Die Humanisten setzen sich kritisch mit den antiken naturphilosophischen Texten auseinander und zeigen dadurch auch die Grenzen des antiken Wissens auf. Stöffler äußert in seinem Kommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera den Gedanken, dass sich Wissen über die Zeit akkumuliere.15 Die humanistische Naturphilosophie ist Naturphilosophie im aristotelischen Sinn und spielt mit ihrer kritischen Methodenlehre eine Mittlerrolle zwischen spätmittelalterlicher scholastischer Naturwissenschaft und der scientia nova des 17. Jahrhunderts bei Galileo Galilei, Johannes Kepler, Francis Bacon (1561–1626) und René Descartes (1596–1650).16 Die humanistische Naturwissenschaft entwickelt inhaltlich-sachliche Kategorien aus der philologisch-kritischen Behandlung antiker Texte.17 Diese Kategorien sollen in dieser Arbeit formuliert und zur Analyse der Kommentare zu Pseudo-Proklos’ Sphaera angewandt werden.

6.1.2 Die Analyse des Hauptkommentars von Johannes Stöffler

Von Johannes Stöffler stammt der früheste und meist zitierte Kommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera (Tübingen, 1534). Johannes Stöffler (vgl. Abbildung 6.1) stammt aus Justingen in Schwaben.18 Er studiert um 1472–1476 Mathematik in Ingolstadt und arbeitet vorübergehend als Hilfspfarrer in Justingen. 1507 wird Stöffler Mathematikprofessor an der Universität Tübingen, wo er bis zu seinem Lebensende unterrichtet; ab 1522 fungiert er sogar als Rektor der Universität. Zu seinen berühmtesten Schülern gehören der deutsche Philologe und Humanist Philipp Melanchthon19 und der deutsche Astronom und Hebräist Sebastian Münster (1489–1552). Melanchthon findet durch Stöffler seine Begeisterung für die Astronomie und verfasst selbst astronomische Werke. Auch der Astronom Sebastian Münster ist stark von Stöffler geprägt und lässt Material aus Stöfflers Handschriften in seine Werke einfließen.20 Melanchthon schreibt ein Vorwort zu einer Ausgabe (Wittenberg, 1531) von Sacroboscos Sphaera, die er aus seinem Tübinger Studium bei Stöffler kennt.

Abb. 6.1: Porträt Johann Stöfflers: Aus seinem lateinischen Kommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera, Schlussbild, digitalisiert von der Bayerischen Staatsbibliothek München, aus: http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb11057858-3, besucht am 2.08.2019.

Abb. 6.1: Porträt Johann Stöfflers: Aus seinem lateinischen Kommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera, Schlussbild, digitalisiert von der Bayerischen Staatsbibliothek München, aus: http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb11057858-3, besucht am 2.08.2019.

Stöffler ist nicht nur Gelehrter, sondern auch Instrumentenbauer. Er konstruiert mehrere Stadtuhren und Globen und verschriftlicht seine Instrumentenkenntnisse in dem Werk Elucidatio fabricae ususque astrolabii („Erläuterung der Konstruktion und des Gebrauchs des Astrolabiums“, Oppenheim, 1513). Ein Exemplar der Elucidatio wird 1616 mit Linacres Übersetzung der Sphaera (Basel, 1535) zusammengebunden, was zeigt, dass die Sphaera auch mit Stöfflers Instrumentenbeschreibungen assoziiert wird.21 Die Elucidatio dient im jesuitischen Curriculum als Lehrbuch mit Ptolemaios’ und Regiomontanus’ Texten und den alphonsinischen Tafeln.22 Zu Stöfflers anderen astronomischen Schriften gehören die Tabulae astronomicae (Tübingen 1514) und das Calendarium Romanum magnum (Oppenheim, 1518). Der Hofastrologe bei König Maximilian I., Georg Tannstetter, kritisiert Stöffler wegen seiner Voraussage einer Sintflut im Jahre 1524 in der Schrift Libellus consolatorius (1523). Der Italiener Bernardino Baldi bezeichnet Stöffler in seiner Biographie der Mathematiker (Vite de matematici, 1587–1596 verfasst, gedruckt erst 1707 in Urbino) als „einfachen Praktiker“ (semplice pratica), der sich mit dem Globus, der Geographie und astronomischen Tafeln beschäftigt habe.23

Die Ausgabe mit Inhalt, Drucker und Widmung

Stöfflers Kommentar ist der erstgedruckte zu Pseudo-Proklos’ Sphaera, den er für seine astronomische Lehre an der Universität Tübingen verfasst hat.24 Seit 1505 werden dort griechische und hebräische Autoren in der Ausbildung zugelassen.25 Der Druck der Sphaera im Jahre 1534 durch den reformatorischen Drucker Ulrich M. Morhart (1555) in Tübingen, drei Jahre nach Stöfflers Tod, wird wohl auch durch die politischen Ereignisse dieses Jahres begünstigt: Herzog Ulrich von Württemberg gewinnt sein Gebiet nach dem Streit mit der Schwäbischen Liga zurück und führt die Reformation in Württemberg ein.26 So erscheint der Druck auch bei dem reformatorischen Drucker und Melanchthon-Herausgeber in Tübingen. Stöfflers Kommentar wird nie nachgedruckt, möglicherweise wegen seiner Länge, sondern nur die kürzeren Kommentare von Jacques Toussain, Élie Vinet und Erasmus Oswald Schreckenfuchs sowie die Übersetzung Henischs.27 Stöffler, Toussain, Ziegler und Schreckenfuchs basieren ihre Kommentare auf der lateinischen Übersetzung Linacres, die anderen auf einer Variante des griechischen Textes.

Der Titel Ioannis Stoefleri Iustingensis mathematici eruditissimi [...] commentarius charakterisiert Stöffler als „Mathematiker“, Proklos selbst als gravissimus author. Im auf das Titelblatt folgenden Vorwort an den Käufer (ad emptorem) charakterisiert Stöffler Proklos als „gebildetsten Mann der Mathematik“ (vir doctissimus ille Matheseos). Der Leser soll die Sphaera für seine Studien verwenden (accipe nunc tandem, studiose lector, [...] studiis hactenus tuis), denn sie eigne sich „sowohl zur Einführung in die Astronomie, als auch zur Gewinnung der höchsten Kenntnisse“ (vel tyronem artis huius instituere, vel summam etiam cuiusvis peritiam iuvare posset); sie ist also zwar ein elementares Lehrbuch, aber gleichzeitig für höhere Studien geeignet. Stöffler empfiehlt hier auch seinen Kommentar zu Ptolemaios’ Geographie, ein Buch, das zwar nie gedruckt wurde, aber dennoch für Stöffler eine Vorlage für seinen Unterricht darstellt.28 Im Vorwort an den Käufer heißt es weiterhin, die Sphaera sei zwar „vom Anblick klein“ (in speciem exiguum), aber „von bewundernswerter und unglaublicher Kunstfertigkeit“ (admirando et fere incredibili quodam artificio) und stehe in der Reihe der Werke, die wegen humanistischer Werte, aus Verehrung antiker Texte und der Wiederbelebung der Geschichte gelesen werden (quicquid uspiam apud bonos authores veuerendae uetustatis, historiarumue, ac herum plane reconditarum). Die Sphaera sei „hochbegehrt unter den deutschen Gelehrten“ (desideratissimum tantopereque ab eruditissimis etiam Germania viris). Mit den „Deutschen“ mag er die Drucker Nikolaus Marschalk, Martin Landsberg (Druckertätigkeit 1490—1524) und Henricus de Nussia oder Heinrich von Neuß (1654–1716) meinen, bei denen die Sphaera schon 1502, 1503 und 1515 erschienen ist, oder auch Willibald Pirckheimer, der die Sphaera ca. 1526–30 übersetzt hat. Jedenfalls zeigt die Bemerkung, dass die Sphaera bereits im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts in Deutschland ein beliebtes Lehrbuch ist.

Dem Vorwort an den Käufer folgt eine andere zweizeilige Widmung an den Leser, in welcher der Herausgeber Ludwig Schradin (um 1500–1561/62), Theologe und Lateinlehrer in Reutlingen sowie Beamter der Universität Tübingen, den Charakter des elementaren Lehrbuchs betont: „Siehe, diese ersten Lehren der berühmten Mathematik hat Stöffler dir [dem Leser] hier gegeben“ (En haec prima tibi celebris praecepta mathesis, mira tamen pariter Stoeflerus hicce dedit).

Die eigentliche Widmung stammt von Schradin und ist an den schon erwähnten protestantischen Herzog Ulrich von Württemberg gerichtet, der für seine zahlreichen Kriegszüge bekannt ist, z. B. gegen die Schweiz (1499–1500), Bayern (1504) und Frankreich (1513).29 Schradin behauptet, Stöffler habe den Kommentar von Anfang an Ulrich gewidmet (iam tum dicatos). Wie im Humanismus üblich verwendet Schradin fast durchgängig Superlative, um die positiven Eigenschaften des Werkes und des Adressaten hervorzuheben, z. B. „überaus bedeutende Kommentare“, „deinem berühmtesten Namen“ und „so korrekt wie möglich zu drucken“ (gravissimos commentarios; clarissimo tuo nomini; quam emendatissime excudendos, diligentissimorum quorundam commilitonum opera adiutus, curavi). Desweiteren lobt Schradin den Fürsten mit folgenden Eigenschaften, die ihn zum Handeln zwingen sollen: Zunächst betont er Ulrichs Attribute als Herrscher: „berühmtester Herrscher; bester Herzog [...], durch dessen Einfluss und Belieben“ (princeps illustrissime; optimum regem [...], cuius authoritate arbitratuque), über dessen Rückgewinnung des Vaterlandes er sich freue (publicam receptae patriae gestientem laetitiam commonstraremus). Hier thematisiert er die Rückkehr des Fürsten in sein Herrschaftsgebiet. Mit ihm seien alle Gesetze des Vaterlandes zurückgekehrt (omnia tecum patria iura pariter [...] rediisse), womit er wohl auf die von Ulrich im Jahre 1534 eingeführte Reformation anspielt. Die Attribute des Einflusses, des guten Urteilsvermögens und des Helden des Vaterlandes befähigen den Herzog dazu, Schradin zu unterstützen.

Außerdem verteidigt Schradin die Astronomie, eine gängige Praxis in den Widmungen zu astronomischen Texten, mit ihrer sogenannten Heiligkeit (divina ars) und Naturgegebenheit (ordine naturae); auch die antiken Autoren (Aristoteles) haben ihren astronomischen Texten eine Heiligkeit zugesprochen. Um seine Argumentation im christlichen Sinne zu untermauern, zitiert Schradin passende Bibelstellen aus dem Brief des Jacobus und aus dem Paulus-Brief an die Korinther bzw. an die Philipper. Am Ende des Briefes erwähnt Schradin den Sohn des Herzogs Christopher als würdigen Nachfolger: „Leb wohl, und mit Sohn Christoph, von größter Hoffnung und Herrscher von bester Begabung äußerst begnadet.“30 Entweder ist die Lesart dignissima zu korrigieren, vgl. Todd 2003, 38, oder Schradin bezieht sich auf Ulrichs Tochter Anna (1513–1530): „und mit der Herrscherin, äußerst begnadet mit höchster Begabung“. Dies ist unwahrscheinlich, weil sie nie geherrscht hat.

Der Kommentar

Der Kommentar des Johannes Stöffler ist mit 136 Blättern der längste existierende Kommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera. Sowohl Kap. 2 über die fünf Parallelkreise (Bl. 3v–25v) als auch Kap. 15 über den Tierkreis (Bl. 79r–136v) sind dabei die umfangreichsten Kapitel. Der Kommentar ist für jedes der fünfzehn Kapitel angeordnet nach der Reihenfolge: 1. lateinischer Text von Linacre, 2. Kommentar. Die Begriffe am Seitenrand des Kommentars ermöglichen ein gezieltes Nachschlagen von Textstellen.

Über die Sphaera schreibt Stöffler, dass sie „hochwertig und wertvoll“ sei (sane parvulus est, sed nobilis et pretiosus admodum), weil sie die „Wurzeln, Prinzipien und Grundlagen“ (radices, principia et fundamenta, Bl. 1v) der Astronomie enthalte und „den Anfängern, besonders welche die Lehre der Astronomie verfolgen, einen Zugang bereite und den Weg öffne“ (quae novitiis, praecipue astrologiae disciplinam cupientibus, aditum praebent et viam patefaciunt, Bl. 25v). Die Kürze der Sphaera vergleicht Stöffler mit Edelsteinen wie dem Rubin und dem Smaragd und mit der Stärke der kleinen Ameisen.31 Auch Georg Henisch schreibt, dass die Sphaera-Schrift zwar kurz, aber von Würde sei: „ähnlich der Gemme, die kleiner ist als Marmor, wenn man die Quantität betrachtet, größer aber, wenn man den Wert betrachtet.“32

Stöfflers Kommentar beginnt mit einer Einleitung, dem Contextus Sphaerae. Hier zählt Stöffler die verschiedenen antiken Autoren namens „Proklos“ nach Philostratos und der Suda auf, was darauf hindeutet, dass er die Autorschaft des Proklos anzweifelt: 1. „Proklos Naucratita“, 2. „Proklos Malleotes“, 3. „Proculeius aus Laodicea“, 4. „Proklos Lycius aus Lykien“. Diesen letzten hält Stöffler für den Autor der Sphaera (Bl. 1r), der auch die Kommentare zu Homer und Platon, die Fabrica astrolabii (Konstruktion des Astrolabiums), das Opusculum sphaerae (also Pseudo-Proklos’ Sphaera) und die Contra Christianos epicheremata decemocto („Angriffe gegen die Christen“) geschrieben habe. Dieser Proklos Lykios solle zur Zeit von Kaiser Trajan gelebt haben: Nach heutigem Wissen stammt er aber aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. Die falsche Datierung findet sich auch bei anderen Renaissanceautoren (vgl. das Kapitel über die Autorschaft). Den Namen „Diadochus“ leitet Stöffler von einem Stein „Beryllus Diadochos“ ab, wie auch einige Deutsche nach Steinen benannt werden: „Herttenfelser“, „Trakkenfelser“, „Gryffenfelser“ u. a. Vielleicht spielt Stöffler auf Cusanus’ Schrift über das optische Instrument „Beryllus“ an (1459), in welchem er Proklos zitiert (vgl. das Kapitel über den Renaissanceblick auf Proklos). Im Folgenden grenzt Stöffler die Sphaera von der schon erwähnten Schrift Fabrica astrolabii ab, in welcher die erste eine mit Kreisen besetzte Kugel beschreibe und die zweite eine Fläche bzw. ein Planisphaerium.

Stöfflers Kommentar folgt der strikten Reihenfolge des scholastischen Quaestio-Kommentars; darin unterscheidet er sich von den übrigen Kommentaren zu Pseudo-Proklos’ Sphaera:33 1. Continuatio, 2. Dubium, 3. Responsio (z. B. Bl. 66r). Erst fasst Stöffler ein oder mehrere Kapitel in nummerierten Punkten zusammen, vergleicht den Inhalt mit anderen Autoren oder ergänzt Zusatzwissen und schließt mit einer Zusammenfassung ab. Stöffler schreibt (Kap. 2–8), dass Proklos, oft von Stöffler als „der Autor“ bezeichnet, vier Eigenschaften nennt, die einen Kreis als „groß“ qualifizieren: 1. Größe des Himmelskörpers, 2. völlige Sichtbarkeit über dem Horizont, 3. Verschiedenheit des Ortes 4. Größe der Sphäre. Häufige Formulierungen zur Gliederung von Abschnitten sind auch contuendum est („es muss betrachtet werden“), Canones („allgemeingültiges Wissen“) und officii oder utilitates („Aufgaben“), z. B. der Parallelkreise: 1. haben die Bewohner desselben Parallelkreises denselben Breitengrad. 2. haben die Bewohner desselben Parallelkreises dieselbe Länge der Nächte und Tage, aber nicht dieselben Auf- und Untergänge. 3. haben die Parallelkreise dieselben Mittagsschatten (Bl. 27v–29r). Die astronomische Aufgabe der Parallelkreise ferner ist es, die Veränderungen in der Länge und Anzahl der künstlichen Tage und Nächte anzugeben (Bl. 30r–31v).

Stöfflers Kommentar richtet sich an Studenten in Freiburg und Tübingen, denn diese Städte sind auch seine Beispiele in astronomischen Tabellen; z. B. die Tafel der Sommertageslängen in Tübingen (Tabula quantitatis longioris diei aestivi; Bl. 6r–v), die Höhe des Nordpols, der Mittagsgnonom, der höchste Sonnenstand, der Abstand der Sonne vom Zenit, die höchste Sonnendeklination in Tübingen (Bl. 9v), die Tabelle zur Elevation der Parallelkreise in Tübingen (Bl. 25r), der Horizont in Tübingen, Ingolstadt, Wien (Bl. 62r). Stöffler erwähnt häufig, welche Werke die Studenten zu bestimmten Themen wie der Milchstraße lesen sollen, darunter Ptolemaios, Arat, Manilius, Hygin u. a. (Bl. 69r) und verweist auf seine Schrift Elucidatio astrolabii („Erläuterung des Astrolabiums“). Als Beispiele für Periöken bezeichnet er die deutschen Städte Uberlingen, Stulingen, Fürstenberg, Offenburg, Speier, Heidelberg, Mosbach, Aulensis, Bibrach und Tübingen (Bl. 46r–v); dies sind Bewohner antiker Stadtstaaten (z. B. Sparta). Um die Größe dieser Bezirke auch für Deutschland zu verwenden, rechnet er antike Stadien in deutsche Meilen um. Die Wende der Sonne gibt Stöffler auch mit deutschen Sätzen wieder: „Das sie gibt ains umb das ander / als vil sie vor herauf gestiegen ist / als vil steigt sie jetzo wider hinab.“

Wahrscheinlich sollten die Studenten den Kommentar paragraphenweise lesen und wie ein Lexikon zum Nachschlagen bestimmter Begriffe verwenden. Dafür sprechen auch die gliedernden Marginalien. Manchmal werden Themen vorgezogen, die bei Pseudo-Proklos erst in einem späteren Kapitel thematisiert werden, wie der Horizont. In Kapitel 10 über den Tierkreis ergänzt Stöffler die Sternfabeln und zählt die zwölf Sternzeichen auf (Bl. 87v–95r), die südlichen (Bl. 103r–136v) und die nördlichen Zeichen (Bl. 123r–136v), die in der Sphaera erst in Kap. 5 behandelt werden. Stöffler stellt fest, dass Proklos die zwölf Zeichen anderswo (alibi diximus) erwähnt, ohne zu wissen, dass es Geminos’ Eisagoge ist. Deshalb geht Stöffler davon aus, dass Proklos andere Bücher geschrieben haben muss (Bl. 83r). Er kommt aber nicht darauf, dass der Text aus einem größeren Text entnommen wurde.

Zu den didaktischen Mitteln Stöfflers gehören zahlreiche Abbildungen der Phänomene und Kreise, Tabellen und Begriffsübersichten, z. B. zum Auf- und Untergang der Sternzeichen (Bl. 32v; Bl. 36v). Die Verwendung der Dioptra kann am Beispiel Tübingens in einer Tabelle erläutert werden (Bl. 25r–v). Zu Stöfflers philologischen Angaben zählen Etymologien und Synonyme. Den Begriff polus leitet er vom griechischen Wort πολέω ab, das „wenden“ oder „herumdrehen“ bedeutet, und von πόλος, was auf Latein vertex („Scheitel“) heißt. Andere Bezeichnungen der Pole sind cardines („Angelpunkte“) wegen der Ähnlichkeit mit Angeln, um die sich die Türen drehen. Cardo ist eine allgemeinere Vokabel als Polus oder Vertex. Der Nordpol wird Septentrionalis, Arcticus, Borealis, Boreus, Aquilonius oder Summus („Höchster“) genannt.

Stöffler zitiert viele griechische und lateinische Autoren, v. a. antike wie die Dichter Arat und Ovid und Traktate des Euklid und Kleomedes, aber auch mittelalterliche Autoren wie Albertus Magnus oder frühneuzeitliche wie Johannes Regiomontanus und Giorgio Valla, der die proklische Sphaera übersetzt hat. Auf Bl. 57v über die Koluren schreibt Stöffler, dass Valla eine bessere griechische Handschrift der Sphaera besessen habe als Linacre (Fortassis Graecum exemplarium Thomae fuit mutilatum).34 Stöffler zitiert auch Vallas Begriff „Inklination“ (inclinatio) des Horizonts (Bl. 66v) und verweist auf Giorgio Valla, Buch 16.1 zur Milchstraße (Bl. 69r) und Buch 2 zu den Sternenformationen. Zu Memorierzwecken führt Stöffler z.T. lange Dichterzitate an, die mehr als eine Seite füllen, etwa zu den Sternzeichen von Beda (incertus; Bl. 85v–86v). Als Faustregel gilt für die Länge der Tage und Nächte, dass in der obliquen Sphäre immer sechs Zeichen auf- und sechs untergehen (Recte meant, obliqua cadunt a sidere Cancri / Donec finitur Chiron; sed cetera signa / nascuntur prono, descendunt tramite recto, Bl. 30v); diesen Spruch zitiert auch Sacrobosco in seiner Sphaera. Zu den Polen zitiert Stöffler Vergils Georgica, I (Bl. 3v; 53r); zu den Auf- und Untergängen der Sterne Lukans Pharsalia 3 (Bl. 22r); zur kleinen Bärin und den immer sichtbaren Sternen erwähnt Stöffler Lukan: Axis inocciduus gemina clarissimus Arcto(n) (Bl. 104v). Alle diese Verse mögen zu den Standardmemorierversen der Astronomie gehört haben.

Den allgemeinen Nutzen der Astronomie für verschiedene Berufsgruppen, der auch zur Breite und Ausführlichkeit seines Kommentars passt, drückt Stöffler folgendermaßen aus: Von den mathematischen Disziplinen ist die Erkenntnis der Auf- und Untergänge der Sterne und Zeichen am wichtigsten. Die Kenntnis der Zeitmessung und der Position dient nicht nur den Seeleuten, Bauern, Winzern, Ärzten, Dichtern, Historiographen, Geographen und Astrologen, sondern auch den Heerführern (Bl. 32r–41r). Als Beispiel gibt Stöffler den Horizont zu jedem Längen- und Breitengrad an (Bl. 41r). Das Weltbild, das Stöffler entwirft, folgt traditionell der Lehre des Aristoteles und des Ptolemaios: Nach Aristoteles’ Meteorologica (über die Wetterphänomene), Buch I definiert Stöffler den Himmel als „kreisförmigen Körper“ (corpus enim circulare), der sich drehe und in dem etwas Göttliches sei (Cum semper curreret, simul diuinum quippiam inesse opinantes, aetherem nominari statuerunt, Bl. 2v). Nach Sacrobosco werde die ganze Maschine der Welt in zwei Regionen geteilt, in die ,elementare‘ (sublunare) Region und in das ,Fünfte Element‘ (supralunare Region).35 Sacrobosco wird also als erklärende Referenz und nicht als Gegenbild zu Proklos herangezogen.

Stöffler setzt sich kritisch mit dem antiken Wissen auseinander und versucht es dem Leser näherzubringen. Zu den unterschiedlichen Längen- und Breitengraden bei Ptolemaios, Strabo, Archimedes und Proklos bemerkt er, dass die Welt zu Strabos (1. Jh. v./n. Chr.) Zeit als begrenzt bekannt war (Bl. 78r). Außerdem stellt Stöffler fest, dass die lateinischen und die griechischen Autoren den arktischen und den antarktischen Kreis unterschiedlich beschreiben; die ersten vom Pol der Ekliptik, die zweiten vom Pol des Beobachters. Diesen Unterschied bemerken auch später Egnazio Danti und andere Kommentatoren. Deshalb bleiben bei den lateinischen Autoren die Parallelkreise in Hinsicht auf ihre Größe in jeder Gegend stabil und unveränderlich, bei den Griechen nur die beiden Wendekreise und der Äquator. Die übrigen beiden arktischen Kreise verändern ihre Größe in Abhängigkeit von der Klimaregion und dem Breitengrad, was Stöffler für falsch hält. Er glaubt, dass den Griechen dieser Fehler passiert sei, weil sie sich erst spät mit Astronomie beschäftigt hätten. Die griechische Astronomie sei nämlich nach der chaldäischen und der ägyptischen die letzte (Bl. 42r). Auch korrigiert Stöffler die Sphaera in dem Punkt, dass diese 182 Parallelkreise spiralenförmig seien (lineae spirales, gyrativae aut involutae; Bl. 27r–v). Stöffler schreibt, dass das Wachstum des Wissens mit der Zeit gemacht werde (78r). Auch hatten die früheren (antiken) Gelehrten zwar ein einfacheres Leben, schreibt er, dennoch waren sie nicht weniger geistreich. Stöffler warnt jedoch die Leser: „Folge nicht denen, die [Messwerte] nicht exakt wiedergeben, sondern wegen Unkenntnis die Abstände der Orte größer oder kleiner machen. Vorsichtig muss man sein, wenn die Autoren sich widersprechen oder verwirrt reden.“36

Nach Stöfflers Meinung vermischt Proklos universale Bilder (wie bei Ptolemaios) mit besonderen. Die 48 Sternbilder des Ptolemaios ergänzt Proklos durch vier weitere, das Haar der Berenike, Thyrsolochus, Caduceus und Aqua aquarii. Plinius dagegen sammelt 72 Zeichen, deren Auf- und Untergänge das Wetter voraussagen können oder die Zeiten des Säens, Mähens und Pflanzens bestimmen. Außerdem erklärt Stöffler die Reihenfolge der Planeten und ihre Eigenschaften: Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur und Mond. Die Sonne liegt in der Mitte der Planeten (aber nicht der Welt) wie das Herz in der Mitte des Tiers. Die Sonne verleiht Mars seine Kampfkraft, Jupiter seine Vernunft, Saturn seine Herrschaft. Der Saturn ist ein Planet des Sinns und der Gedanken, der Erinnerung, der Gewohnheit und des Herrschens. Venus gibt den Menschen Fruchtbarkeit und ist ein Planet der Freude, Freundschaft und Bewahrung usw. Stöffler fährt fort, die „Ordnung“ bzw. die Eigenschaften der zwölf Tierkreiszeichen zu erklären: Der Widder ist heiß und trocken, der Stier kühl und trocken, die Zwillinge feucht und heiß usw. und nennt dazu passende Zitate.

Überhaupt behandelt Stöffler in seinem umfangreichen Kommentar eine große Bandbreite an Themen. Er schreibt, dass Proklos selbst im Kapitel über den Horizont die Aufgabe des Astronomen überschreite, indem er über „alle astronomischen Dinge“ erzähle, statt sich wie Ptolemaios auf Instrumentenmessungen (mathematische Astronomie) zu beschränken;37 dabei ist Stöfflers eigener Stil auch weitschweifig. Denn Proklos übernimmt hier auch die Aufgabe eines „Physikers“ (physicus) statt eines „Mathematikers“ (geometra), wie Stöffler schreibt, indem er „die Vollkommenheiten und Ursachen der natürlichen Dinge genau durchdenkt und ihre Ursachen liefert.“38 Auch in einem anderen Kapitel lobt Stöffler Proklos’ Qualitäten als Autor: „In diesem letzten Kapitel berichtet er [Proklos] über den Tierkreis und begreift Vieles mit wenigen Worten, wovon andere zerstreuter schreiben.“39 Dies könnte ein Schlag gegen Sacroboscos umfangreicheren Text sein. Die Exkurse sind vielerlei Art, denn Stöffler untermalt trockene Informationen mit unterhaltsamen Geschichten: Darunter behandelt Stöffler die Frage, ob Menschen am Äquator wohnen können bzw. ob die „verbrannte“ Zone bewohnbar sei. Als positive Antwort nennt Stöffler die Könige Portugals und Kastiliens, welche die Regionen am Äquator (Äthiopien und Teile Indiens) entdeckt haben. Es folgt eine Tabelle zum Frühlingsäquinoktium bei verschiedenen Autoren (Bl. 16r), die laut Stöffler für Theologen wichtig sei (utilitas cognitionis harum rerum; Bl. 16v). Wegen der Frage des Osterdatums schließen sich Diskurse über die Jahreszeiten, die Solstitien, die sphaera recta et obliqua und die Auf- und Untergänge der Zeichen an. Weitere Exkurse darüber folgen, warum die Menschen von der Sonne schwarz werden (Bl. 21r), welche Frauen leicht gebären und welche schwer (Bl. 21v). Wenn die Materie unserer Haut zu heiß wird, nimmt sie eine schwarze Färbung an; wo Stöffler auf Plinius und Albertus Magnus verweist. In Äthiopien aber gebären die Frauen leichter, weil sie von der Hitze lockere Glieder haben. Gleichzeitig ist aber die Gebärmutter trockener und sie werden seltener schwanger, meint Stöffler.

Deutlich ist in Stöfflers Kommentar der praktische Bezug zur Verwendung astronomischer Instrumente und zur Ausbildung der Studenten erkennbar. So gibt er eine Anleitung, wie man mit dem Astrolabium oder der Dioptra die Parallelkreise bestimmen kann (Bl. 25v). Auf der Rückseite des Astrolabiums stehen die Werte der äquinoktionalen Elevation in Graden und Minuten, auf der Rückseite der Dioptra Tabellen bzw. pinnacidia (Bl. 25r). Um die höchste Elevation der Sonne in Tübingen auszurechnen (Bl. 9v), muss man zur Elevation des Ortsäquators die maximale Deklination der Sonne hinzuaddieren, also 23° 30 min. Die Elevation des Äquators in Tübingen liegt bei 41° 20 min und hinzugefügt werden 22° 30 min etc. Anschließend erklärt Stöffler, wie man die Entfernung der Sonne vom Zenit Tübingens berechnet. Zum Kapitel über die Abstände der Kreise zeigt Stöffler den Aufbau einer Armillarsphäre (Sphaera graecanica; Bl. 55v–56v).

6.1.3 Die Kategorien zur Definition des Kommentars

Für die Definition des antiken und frühneuzeitlichen Kommentars verwende ich folgende Kategorien nach dem Vorbild des Jonathan Barnes und des Thomas Leinkauf:40 1. die Konkurrenz mit anderen Kommentatoren bzw. Zitate vorhergehender Autoren („Meta-Kommentar“ oder Vernetzung); 2. die Auswahl der kommentierten Teile (Fokussierung); 3. die Ergänzung inhaltlicher Lücken, die der Originaltext aufwirft (Digression); 4. die Anpassung des Textes an das 16. Jahrhundert (Implementierung).41 Neben dem übergeordneten Lehrzweck können Kommentare verschiedene Zwecke haben: 1. in komplexere Werke und Themen einzuführen, 2. einen lesbaren Text liefern,42 3. den linguistischen und grammatikalischen Bedürfnissen der Leser dienen, 4. Messungsanleitungen geben.43 Dabei geht der Kommentator von einem Bildungshorizont des Lesers aus,44 der dem eines Studenten entspricht, also wünschenswerterweise interessiert, kompetent, mit Vorwissen. Zu berücksichtigen sind also der Wissenshorizont des Kommentators und die Struktur seines Textes, die vom Inhalt abhängen kann.45

6.1.4 Die Konkurrenz mit anderen Autoritäten

Die Kommentatoren und Übersetzer zitieren sich untereinander, etwa wenn Stöffler (1534), Catena (1565) und Danti (1573) die Paraphrase des Giorgio Valla erwähnen (1501); dabei bemerkt Stöffler, dass Valla wahrscheinlich eine bessere griechische Handschrift der Sphaera zur Verfügung stand als Linacre. Vinet zitiert Stöfflers Kommentar in seinem eigenen Kommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera, und Danti erwähnt Schreckenfuchs’ Kommentar. Immer wieder wird Stöfflers Text als Vorlage für andere Kommentare verwendet, etwa, wenn Danti von Stöffler die Zahl der Sternbilder übernimmt. Henischs Vergleich (1609) des Sphaera-Textes mit einem Edelstein stammt ebenfalls von Stöffler. Bei Schreckenfuchs, Danti und Anonymus Hauniensis erinnert die „Unbeweglichkeit des Horizonts und des Meridians“ an Stöfflers Diskussion. Schreckenfuchs schreibt, dass der (spezielle) Meridian sich nicht verändere, liege nicht daran, dass er sich nicht mit den Planeten (und dem primum mobile) bewege, sondern dass er auf dem Erdglobus sichtbar sei (S. 62). Danti erklärt genauer, dass ein Meridian „unbeweglich“ sei in Bezug auf Norden und Süden (Kap. 12). Ähnlich formuliert Anonymus Hauniensis (Kap. 11) für den Horizont, dass er stets im gleichen Abstand zu seinem Pol bleibe und deshalb „unbeweglich“ sei.

Die Erstausgabe von Pseudo-Proklos’ Sphaera mit Linacres Übersetzung ist besonders einflussreich durch die Autorität des Aldus Manutius und des Thomas Linacre als Prinzenerzieher und Lehrer des Erasmus. Dagegen erwähnen Danti und Henisch als Autoritäten alte Völker, welche die Astronomie erforscht haben. In seiner Widmung (Augsburg, 1609b) stellt Henisch sich mit Proklos in die Tradition astronomischer Lehre (1609). Danti nennt andere Übersetzer und Kommentatoren der Sfera: Bei der Beschreibung, durch welche Sternbilder die Milchstraße gehe, verweist er neben Ptolemaios auf Giorgio Valla, ohne zu erwähnen, dass Vallas De expetendis rebus, Buch 16, eine Paraphrase der proklischen Sphaera enthält. Außerdem erwähnt Danti Schreckenfuchs, der moniere, dass der Horizont auf eine Distanz von 1.000 Stadien (186 km) derselbe bleibe (Kap. 11). Von hohen Orten sähe man nämlich weiter. So gibt Danti die Anekdote wieder, dass Strabo (erzählt von Valerius Maximus) von Sizilien aus die Schiffe aus dem Hafen von Karthago ausfahren sah. Dantis Definition, dass ein Durchmesser nur eine Achse sei, wenn sie durch die Pole gehe und zu einer Kugel (palla) gehöre (Kap. 1), erinnert an Stöffler, der schreibt, dass eine Achse vorliege, wenn die Sphäre sich um sie drehe (Bl. 3r).

Ferner vergleicht Danti (wie Stöffler und Anonymus Hauniensis) die Zahl der Sternbilder bei verschiedenen Autoren (Kap. 15). Proklos zählt wie Platon, Ptolemaios und Arat 48 Zeichen, Germanicus in seiner Arat-Übersetzung nur 44, Rufus Festus Aviena (305–375 n. Chr.) in seiner Arat-Paraphrase 46, Manilius 46, Vitruv 45, Decimus Magnus Ausonius (310–393/394) 43 und Hygin 46. Im Folgenden ergänzt Danti weitere Einteilungen der nördlichen, mittleren und südlichen Sternzeichen nach Raubtieren, Wassertieren, Flugtieren und unbeseelten Dingen und nach sechs Größenkategorien sowie nach „dunklen“ und „nebeligen Sternen“. Insgesamt zählt Danti 1.022 Sterne. Auch die Zahl der Abstände der Wendekreise zu den Äquinoktien bei „Proklos“ (24°) unterscheide sich, schreibt Danti, von anderen Autoren wie Ptolemaios (23°), Albategno (858–929; 23° 25 min), Areal (23° 34 min), Almen (23° 33 min) und von Dantis Zeit (23° 30 min, Danti, Kap. 6).

Vinet schreibt, dass Sacrobosco die arktischen Kreise viel kleiner mache als Proklos.46 Zu diesem Thema meint Schreckenfuchs, dass bei den Lateinern die parallelen Kreise von den Polen des Tierkreises aus konstruiert würden und somit ihre Größe verändern könnten (S. 13), ein Topos, der immer wieder in den Kommentaren vorkommt (Stöffler, Ziegler, Anonymus Hauniensis). Auch behauptet Schreckenfuchs, dass andere Autoren wie Ptolemaios und seine Nachfolger ausführlicher und genauer über die Fixsterne geschrieben haben als Proklos (copiosius de hac rescripserunt, longe exactius, S. 73). Allerdings würden die Globen selbst mehr über die Sterne zeigen als viele Worte. Ferner schreibt Schreckenfuchs, dass die Griechen und Lateiner eine andere Einteilung der Kreise vornehmen, nämlich die Griechen in 40 Teile, die Lateiner in 360 Teile. Dementsprechend rechnet er die Abstände in lateinische Zahlen um (S. 41).

6.1.5 Die Auswahl der kommentierten Themen

Einige Kommentare geben Informationen darüber, welche Kapitel der Sphaera sie als Schwerpunkte behandeln bzw. welche Themen sie vernachlässigen. In den meisten Fällen werden die längsten Anmerkungen zur Definition der Parallelkreise und zu den Konstellationen gemacht, wobei die Eigenschaften der Parallelkreise oft zusammengefasst werden, etwa bei Valla, Schreckenfuchs, Ziegler und Toussain. Schreckenfuchs bezeichnet das Kapitel über die Eigenschaften der Parallelkreise als knapp, aber komplex (paucis, sed clare multa complexus; S. 35). Auch Danti hebt dieses Kapitel hervor. Insgesamt bewertet Schreckenfuchs die Sphaera als „Grundlagen der Astronomie überaus einfach für Studenten“ (simplicissime discentibus principia astronomiae, S. 21).

Valla lässt aus Kap. 14 die „gefrorenen“ und „verbrannten“ Zonen weg, fügt aber die Namen der Erdteile hinzu. Während die Hauptinteressen von Vinets lateinischem Kommentar auf Kap. 2 (S. 4–11, fünf Parallele) und 15 (48–55, Sternzeichen) liegen (Kap. 6 über die Reihenfolge der Parallelkreise lässt Vinet aus), enthält Vinets französischer Kommentar ein längeres Kapitel 4, in welches er die Definition des Wortes „Klima“ und der äquinoktischen Stunden in Rhodos (Geburtsort des Geminos) einschiebt (S. 14). Das längste Kapitel des Hagius ist das zehnte über den Tierkreis (Bl. 138r–143v), in welchem er die Symbole der Sternbilder Saturn, Jupiter, Mars, Sol und Venus einzeln erläutert (Bl. 139r–v) und die Sonneneklipsen (De eclipsi solis, 143r–v) mit Rechnungen hinzufügt, während die übrigen Kommentarkapitel nur wenige Blätter lang sind.

6.1.6 Die Ergänzung inhaltlicher Lücken

Die Themen der Sphaera werden in den Kommentaren erweitert durch Mess- und astrologisches Wissen. So beschreibt Stöffler die Eigenschaften der Planeten und Sternbilder und Anonymus Hauniensis erläutert, wie man den Abstand des Sonnenkreises von der Erde ermitteln kann (Kap. 15). Für die Berechnungen der Sternenaufgänge dient Ziegler die Stadt Rom als Beispiel, also der Standort seines Widmungsempfängers Paolo Bombaci (Nunc revocemus sphaeram sub clima Romanum, quoniam tibi Paulo Bombasii destinamus comentarium hoc, qui Romam, in hac luce orbis terrarum, manes beatus, S. 79–80). Danti erklärt, wie man den Sfera-Text praktisch anwenden könne: Wenn man die Dioptra in Proklos’ Region bei einer Höhe von 54° einstelle, sehe man durch die Dioptra bei der Hälfte des Meridians am Himmel den Sitz des Äquators, bei 30° den Sitz des Winterwendekreises, bei 78° den Sitz des Sommerwendekreises und bei 64° den Sitz des arktischen Kreises.

Viele Kommentare (Stöffler, Ziegler, Schreckenfuchs, Anonymus Hauniensis) erwähnen, dass lateinische Autoren wie Sacrobosco (Vinet Kap. 2, Anm. 3) die arktischen Kreise von den Polen des Tierkreises konstruieren, die griechischen aber (Proklos eingeschlossen) von den Polen des Beobachterhorizonts. Dadurch sind die arktischen Kreise der Römer absolut und unveränderlich, jene der Griechen variabel und abhängig vom Standort der Messung. Rheticus ergänzt zu Stöffler astronomische Termini, die in der Sphaera nicht vorkommen: Die Umgebung des Tierkreises nennt er „Ekliptik“ (ecliptica), auf Griechisch „durch die Mitte des Tierkreises“ (Bl. 43v; erste Erwähnung bei Thukydides I, 23), Danti und Anonymus Hauniensis dagegen Zenit und Nadir. Zum Sommerwendekreis gibt Rheticus die Information, dass die Wendepunkte am 12. oder 14. Juni liegen. Zu den Koluren erwähnt Rheticus, durch welche Sternbilder sie gehen; durch die Pole der Welt vom rechten Fuß des Apoll zum linken Fuß des großen Hundes, und durch die rechte Schulter der Andromeda. Der Tierkreis werde nach der Länge (secundum longitudinem) in zwölf Zeichen geteilt, nach der Breite (in latitudinem) in 12° und 16°. Vinet nennt die zwölf Tierkreiszeichen auf Französisch (Kap. 10), „le Belier, le Taureau, les Bessons, le Chancrele, Lion, la Vierge, la Balance, le Scorpion, l’Archier, le Bouccorne, le Verseau, les Poissons“ (S. 23) und erklärt ihre Bezeichnungen: Die Sternkonstellationen nähmen die Form der Tiere an wie der Skorpion. Man nennt sie auch nach mythologischen Figuren oder Tieren wie „Perseus“, „Kepheus“ und „Kassiopeia“. Auch der Toussain-Schüler Élie Vinet übersetzt im Kommentar zum letzten Kapitel über die Konstellationen (15) einige Sternzeichen ins Französische: Basilique: Basiliscos est adire petit Roy und Arctoure: C’est adire queue d’ourse (S. 32–34). Die Lückenhaftigkeit des Sphaera-Textes fällt auch Humanisten wie Schreckenfuchs auf, der die Erwähnung des obliquen und des rechten Horizontes vermisst.

6.1.7 Die Anpassung des Textes an das 16. Jahrhundert

Die Kommentatoren bringen die Sphaera in die Wirklichkeit ihrer Zeit, indem sie antike Längenmaße umrechnen und auch vor bewertenden Vergleichen und Korrekturen nicht zurückschrecken.

Anonymus Hauniensis schreibt, der Abstand zwischen Horizont und Winterwendekreis bzw. Wendekreis des Steinbocks betrage 14°, vom Äquator zum Zenit 28°, vom Zenit zum Pol 38° und vom Pol zum Horizont 52° (Bl. 42v). Rheticus’ Kommentar enthält Skizzen zum Horizont (Bl. 44r) und zu den fünf Zonen (Bl. 46r).

Den Längengrad (longitudo) eines Ortes bezeichnet Rheticus als „Bogen des Äquators“, der sich zwischen dem ersten Meridian und dem Meridian seines Ortes befinde und den Breitengrad (latitudo) als „Bogen des Meridians“, der zwischen dem Zenit und dem Äquator eingeschlossen werde (Bl. 44v). Der Meridian gehe durch die Pole der Welt, den Zenit und den Nadir (Bl. 44v+). In Vinets französischem Kommentar wird die Lage antiker Städte erklärt und das Längenmaß „Stadium“ in „lieu“ umgerechnet. Toussain erläutert, welche antiken Städte in den sieben Klimata liegen, obwohl in der Sphaera nur fünf Klimazonen genannt werden: Meroe, Sylene, Alexandria, Rhodos, Rom, Pontos und Borythenos (Kap. 4). Vielleicht hat Vinet die sieben Zonen von Sacrobosco übernommen. Stöffler korrigiert das Original, indem er schreibt, dass die Sonne keine Kreise vollziehe, sondern Spiralen. Für Beispiele werden neuzeitliche Städte genannt wie Breslau (Anonymus Hauniensis) und Tübingen (Stöffler). Der christlich-reformatorische Geist in Stöfflers Kommentar wird in entsprechenden Bibelzitaten deutlich, während die anderen Kommentare die christliche Lehre nicht behandeln. Auch fügt er einen Exkurs zu den fünf Sinnen mit Bezug auf die fünf Wunden Christi an (Bl. 97r). Proklos’ ungenaue Zahlen bzw. Zonenbreite entschuldigt Ziegler, „weil man es den Autoren bei so vielen verschiedenen Erdregionen, Kommentaren und Tabellen der Erdposition gestatten müsse, wenn sie sich irgendeiner Rechnung [verschiedener Autoren] anschließen, und verschiedenen [Rechnungen] folgen.“ (Kap. 15).47 Auch weist Danti auf den Fehler bei Linacre hin, dass der Meridian auf 300 (55, 8 km) statt 400 Stadien (74, 4 km) Entfernung derselbe bleibe; diesen Fehler bemerkt auch Clavius (Rom, 1606).

Ziegler schreibt, dass Proklos die Sphäre nicht im Ganzen betrachte wie Ptolemaios, sondern vom Horizont in Griechenland aus, genauer von Athen, der Wirkungsstätte des authentischen Proklos. Auch erklärt Ziegler den Unterschied der Antike zu seiner Zeit: er schreibt, dass Proklos die Bezeichnung „Längengrad“ (longitudo) noch nicht kannte, die später bei den Geographen genauer behandelt wird (S. 43). Die antiken Stadien rechnet Ziegler in Fuß um, so dass der sichtbare Horizont einen Durchmesser von 2.000 Stadien, also 260.000 Fuß, besitzt. Vom Horizont von Griechenland aus könne man nach Meinung des Proklos den Äquinoktialkolur nicht sehen (Kap. 9).

Ferner ergänzt Ziegler mithilfe einer Sterntabelle von 1524 die lateinischen Namen der bei Pseudo-Proklos erwähnten griechischen Sternzeichen: die „Pleiaden“ heißen auf Latein succulae („Gürtel“) oder paricilium („Sternendecke“). „Protrygetes“ bedeutet auf Latein Provindemia („Vor-Weinlese“) oder Antevindemiator („Vor-Winzer“) und einer der Zwillinge heißt Tripus („Dreifuß“). Andere Zeichen, die Pseudo-Proklos nicht nennt, aber die von Ziegler ergänzt werden, sind die „Wolke“ (nubilum), Tyberon und Sirius. Auch ergänzt Danti Wissen, das in der Sfera nicht enthalten ist wie die Definition des Kreises nach Euklid (Kap. 2), die Bezeichnung der Sphäre als sfera solida, d.h. als Globus oder Armillarsphäre (Kap. 3), die Namen der Bewohner auf dem Globus (wie Stöffler, Schreckenfuchs und Anonymus Hauniensis), also die Antipoden (antipodi) und die Antöken (anteci) sowie Periöken (perieci), und die Bewohner, die nach den Schatten ihrer Wohnorte heißen; die Amfisci („Um-Schatten“), Heteroscii („Verschiedene Schatten“), Periscii („Herum-Schatten“) und die „Innen-Schatten“ (l’ombra de quali gira loro all’intorno, Kap. 7). Auch ergänzt Danti, welche Kreise zu den drei Arten gehören: „Parallel“ sind die fünf Parallelkreise, „schief“ sind der Tierkreis, der Horizont und die Milchstraße und „durch die Pole gehend“ sind die Koluren und der Meridian. Der sichtbare Horizont bewegt sich über dem Parallelkreis seiner Region, was Danti durch Abbildungen eines Erdglobus beim Horizont von Firenze erläutert (Kap. 11). Nur zu diesen Zeitpunkten werden die Gnomone, d.h. die Schattenstäbe, die senkrecht in die Erde gesteckt werden, mittags schattenlos. Dagegen zeigen die Schatten nach Süden, wenn die Sonne sich auf dem nördlichen Halbkreis der Ekliptik befindet, und nach Norden, wenn sie auf dem südlichen Halbkreis steht.48 Zu den drei Wohngegenden (Kap. 5 und 6) fügt Danti die Breitengrade hinzu: 1. Wenn der Pol weniger als 66° erhoben ist, gibt es fünf Parallelkreise, 2. bei 66° und 90° nur drei Parallelkreise, weil die arktischen Kreise mit den tropischen Kreisen zusammenfallen und 3. liegen bei über 66° die arktischen Kreise zwischen den beiden Wendekreisen, wodurch sich die Reihenfolge der Parallelkreise ändert.

Über die Klimazonen schreibt Danti, dass in Proklos’ Zeit von der Erde nur ein Viertel bekannt war, die temperierte Zone bzw. das Land von den Inseln der Seligen bis zum äußersten Osten. Die kalten Zonen seien entgegen Proklos’ Aussage nicht unbewohnt, ebenso wie die heiße Zone. Auch schreibt Danti, dass die antiken Griechen den antarktischen Pol nicht sehen konnten. Erst die „modernen Gelehrten“ (moderni) sahen, als sie nach Indien segelten, dass der Südpol von Sternen in Form eines Kreuzes umgeben war, weshalb sie ihn „Kreuz“ oder Atlantis nannten. Anekdotisch erklärt Vinet zu den Klimazonen, dass in der heißen Zone die Menschen von der Sonne schwarz würden. In Frankreich nennt man sie Mores (S. 30), wie schon Stöffler schreibe. Danti tritt sogar als Wissenshistoriker auf: Zu Kap. 10 schreibt er, dass die Astronomie von den Ägyptern, Persern und Arabern zu den Griechen und von dort zu den Toskanern (Italienern) und den Lateinern gekommen sei. Weil diese Sprachen ohne entsprechende Wörter auskommen, seien griechische Begriffe wie Zodiacus von ζῶδιον geblieben.

Interessant ist, dass Anonymus Hauniensis in seinem Kommentar sowohl Abbildungen des geozentrischen als auch des heliozentrischen Weltbildes zeigt (Bl. 15r–v; vgl. Abbildung 6.2); zum einen das traditionelle Modell der zehn Sphären der Scholastiker mit der Erde im Zentrum und zum anderen die Anordnung der Himmelssphären nach Kopernikus mit zwei Zentren. Das Zentrum des gesamten Kosmos bildet die Sonne, darum befinden sich die Sphären des Merkur und der Venus. Ein weiteres Zentrum stellt die Erde dar, um die Wasser, Luft, Feuer und die Mondsphäre angeordnet sind. Diese beiden Zentren befinden sich innerhalb der Sphären des Mars, Jupiters, Saturns und der achten Sphäre der Fixsterne. Allerdings äußert Anonymus Hauniensis sich nicht favorisierend zum kopernikanischen Weltbild. Die übrigen Kommentare zur Sphaera vertreten das traditionelle aristotelische Weltbild, da alternative astrononomische Sphären wie die des Kopernikus unwichtig sind für Sphaera-Traktate in der Tradition des Sacrobosco.49 Um eine Armillarsphäre oder ein Astrolabium zu verwenden, benötigt man lediglich die stereometrische Projektion der Fixsternsphäre auf eine Ebene.

Abb. 6.2: Oben: Das geozentrische Weltbild der Scholastiker bei Anonymus Hauniensis, unten: Das heliozentrische Weltbild nach Kopernikus bei Anonymus Hauniensis, The Royal Library, Copenhagen, Ny. Kgl. Samling 3012: Anonymus Hauniensis, Procli Sphaera diligenter descripta typis gratia studiosorum astrologia 4° ( um 1590), Bl. 6r–120r, hier: 15r–v.

Abb. 6.2: Oben: Das geozentrische Weltbild der Scholastiker bei Anonymus Hauniensis, unten: Das heliozentrische Weltbild nach Kopernikus bei Anonymus Hauniensis, The Royal Library, Copenhagen, Ny. Kgl. Samling 3012: Anonymus Hauniensis, Procli Sphaera diligenter descripta typis gratia studiosorum astrologia 4° ( um 1590), Bl. 6r–120r, hier: 15r–v.

6.1.8 Die Funktionen der Kommentare

Einführungswerk

Der Sphaera-Text wird als Einführung für längere Werke verschiedener Disziplinen verwendet; bei Linacre für Arats Sternengedicht und bei Catena für Vitruvs Traktat De architectura. In Catenas Fall soll die lateinisch-italienische Ausgabe den Studenten, die kein Griechisch können, zum Sprachenvergleich dienen. Diese Funktion der Einführung erfüllt sie auch bei den neu übersetzten Texten wie Hygins Fabulae (1535), Psellos’ Quadrivium (1553) und Ptolemaios’ Hypotyposis (1620).

Die Übersetzer und Kommentatoren von Pseudo-Proklos’ Sphaera geben auch sonst v. a. astronomische und antike literarische Werke heraus. Ihre Leser sind Studenten, die als studiosi (Rheticus, Schreckenfuchs), discentes (Danti) oder auditores (Henisch 1609b, 26) bezeichnet werden. Die Liste von Vinets Werken zeigt, dass er nur gelegentlich über praktische Themen schreibt und nur im Fall seiner Kommentare zu Sacroboscos und Pseudo-Proklos’ Sphaera über astronomische. Wenn er sich über praktische Themen äußert, tut er dies auf Französisch: Zu anderen Themen schreibt er auf Latein,50 aber Pseudo-Proklos’ Sphaera übersetzt er sowohl auf Latein als auch auf Französisch, was für Vinets Wertschätzung ihres praktischen Nutzens sprechen kann.

Lesehilfe

Bildliche Darstellungen treten erstmals in der Übersetzung von Salisbury, in Vinets französischem Kommentar (1573) und in Toussains Kommentar in der Ausgabe von 1560 und 1562 auf. Daher ist Vinets französische Ausgabe (1573) leichter zu benutzen als der bilderlose lateinische Kommentar (1543ff.) und durch die ausführlichen Überschriften besser zu verstehen. Auch Dantis Kommentar von 1573 enthält geometrische Zeichenvorlagen der Kreise, wogegen Zieglers Kommentar geometrische Kommentare besitzt, aber keine Abbildungen. Der bilderlose Text mag als Anleitung zum Zeichnen für Studenten gedient haben. Einige Kommentatoren geben den Studenten Empfehlungen, welche Autoren sie lesen sollen. Stöffler empfiehlt, zum Horizont Macrobius zu lesen; zu den Klimazonen bevorzugt Schreckenfuchs die Geographie des Ptolemaios.

Philologische Erläuterung

Es ist üblich, dass Übersetzer und Kommentatoren ihre Kenntnisse der klassischen Sprachen zeigen, indem sie Kritik am überlieferten Text üben. Da die Handschriftenüberlieferung Raum für Interpretationen lässt, variieren die zwei Übersetzungen auffallend in der Zahl der parallelen Sonnenkreise von „zweimal 180“51 zu „zweimal 182“52 und „182“.53 Die zweifellos falsche Variante von „zweimal 192“ übernimmt nur Pirckheimer, fügt aber handschriftlich die Zahl „zweimal 182“ hinzu, die später auch von den modernen Ausgaben Aujacs und Evans’ akzeptiert wird. Ziegler korrigiert die Zahl der parallelen Kreise von 384 zu 182 (S. 31) auf der Grundlage der Baseler Ausgabe von 1523. Auch müsse im Kapitel über die Koluren λ („30“) zu δ („vier“) korrigiert werden.54

Den Fehler der Unsichtbarkeit des Canopus verbessern aufgrund der griechischen Ausgabe von 1531 Vinet, Henisch (in der Zweitausgabe, 1609b, 26), Bainbridge und Danti. In Wirklichkeit ist der Stern Canopus in Alexandria ganz sichtbar (ἀναφανής) statt unsichtbar (ἄφανης), da in Alexandria ein Viertel des Tierkreises über dem Horizont liegt, also 7 1/2°. Dieser Fehler sei nicht dem Proklos, sondern einem unaufmerksamen Schreiber anzulasten, schreibt Ziegler.55 Im griechischen Text steht bei Ziegler aber immer noch falsch ἀφανής. Georg Henisch bemerkt in seinem Kommentar (1609, S. 195), dass in Geminos’ Eisagoge der Stern Canopus in Alexandria sichtbar sei (ἐμφανής). Er zieht also Geminos heran, um Pseudo-Proklos zu korrigieren und ist sich offenbar bewusst, dass die Sphaera aus der Eisagoge entstanden ist. Auch Schreckenfuchs bemerkt einige Fehler bei Proklos: Die falsche Breite der temperierten Zone bei Proklos entschuldigt er folgendermaßen: „Ich kann mich nicht davon überzeugen lassen, dass ein solch bedeutender Mann [wie Proklos] in der Sternkunde die Unterbrechung der Zonen nicht kannte, sei es in Graden oder in Stadien. Eher glaube ich, dass sich dieser Fehler durch die Unkundigkeit der Bibliothekare eingeschlichen hat.“56 Außerdem habe Proklos den Horizont falsch berechnet (sibi ipsi contradicere, S. 55–56), was später Danti zitiert. Die intellektuellen Bedürfnisse des Lesers werden befriedigt durch die Nennung von Synonymen astronomischer Begriffe. Für „Pole“ schreibt Schreckenfuchs die Synonyme vertices oder cardines (S. 6) und zahlreiche Namen für den „Meridian“: Meridianus, circulus medii diei, medii coeli, horizon dividens, cuspis regalis, cardo regius und item principium decimi domicilii (S. 62–63).

Die weitere philologische Arbeit in vielen Kommentaren besteht in der Aufzählung von Etymologien einzelner meist griechischer Begriffe wie polus („Pol“) von πόλεω („wenden“, „herumdrehen“) bei Johannes Stöffler, der auch cardo („Angelpunkt“) oder vertex („Scheitel“) genannt wird. Wie im lateinischen Kommentar fügt Vinet zahlreiche Etymologien griechischer Wörter ein, z. B. Clima est mot Grec signifiant declination ovabaissement (S. 12) und Aequinoctium signifie equalité de la nuit et du iour dont ce cerclea pris son nom (S. 8). Dabei ist Vinets Sprache sehr bildhaft: „Das griechische Wort ,Horizont‘ bedeutet ,Begrenzer‘ oder ,begrenzend‘. Es ist die Spitze oder das Ende unserer Sicht, da wo es uns scheint, dass Himmel und Erde sich berühren“ (Horizon mot Grec signifie finiteur ou finissant. C’est le bout et fin de nostre veue autour de nous, la ou il nous semble, que le ciel et la terre se touchent, S. 24). Die Methode der Etymologie beschreibt Toussains Schüler Petrus Ramus (Pierre Ramée) in seinem Buch über Widmungen und Reden, das er unter dem Pseudonym „Omer Talon“ veröffentlicht, wobei er sich auf Toussains Lexicon graecolatinum (Paris, 1552) zu beziehen scheint: „Toussain zeigt die eigene Kraft der Wörter auf Griechisch und auf Latein, mit eigenen oder übersetzten ciceronianischen [Begriffen]. Wenn einzelne Wörter fehlen, oder sie nicht übersetzt werden können, definiert er [Wort-]Verbindungen und füllt den griechischen Satz mit lateinischen [Worten]. [...] Besonderen Eifer betreibt er bei der Etymologie und Syntax der Wörter.“57 Die „Zone“ leitet Anonymus Hauniensis von dem griechischen Wort ζωννύειν (cingere, „begrenzen“) ab und definiert sie als „breitere Streifen zwischen den Parallelkreisen“ (latiores tractus inter duos paralleles proximos), die am Himmel 360° umfassen.

Literarische Synonyme für „Sommerwendekreis“ sind bei Ziegler (1536) nach antikem Vorbild die „Insel Meroe“ und bei Lukas das „Sommerwendehaupt des schnellen Löwen“. Danti übersetzt den orizon (Kap. 11) als terminatore vom griechischen Wort „begrenzen“ (ὁρίζομαι) und die „Macht“ (potenza, Kap. 7) der Parallelkreise als „Tugend, Kraft, Wirkung“ (virtù) und „Wirksamkeit, Tüchtigkeit“ (efficacia).

Henischs Kommentar beginnt mit einer Biographie des Proklos (S. 21–22), in der er versucht, die Bedeutung des Namens „Proklos“ von „rufen, auffordern“ (προκαλεῖσθαι) herzuleiten. Proklos’ Name bedeute also „der Gerufene“ (προκλητικὸς), was Henisch auf Deutsch mit „Heischer“ oder „Gebieter“ und mit den deutschen Namen „Vilwalt“ oder „Wolwalt“ wiedergibt. Ferner erwähnt Henisch, dass es mehrere „Procli“ gegeben habe, von denen jener aus Pamphylien (mittlere Südküste von Kleinasien) der Autor der Sphaera sei, nicht jener aus Rhodos. Vinet erklärt (Kap. 3), dass die Sphäre zu „bestirnen“ bedeute, „die Sterne und Zeichen an ihre Stelle im Globus oder in der Armillarsphäre zu setzen und zu platzieren“ (mettre et asseoir les estoiles et signes en leurs lieux en la Sphaire, S. 11). Schreckenfuchs erläutert den Unterschied zwischen „Achse“ und „Durchmesser“ (diameter, S. 5–6), den er wohl von Stöffler übernommen hat. Jede Achse ist ein Durchmesser, nicht aber umgekehrt jeder Durchmesser eine Achse. Außerdem bezieht sich „Achse“ auf einen runden und festen Körper, dagegen „Durchmesser“ auf flache und runde Figuren. Etymologisch leitet er den Namen „Achse“ von ligni teretis („rundes Holz“) her, um das sich das Wagenrad drehe.

Zu den philologischen Methoden der Kommentatoren gehören des Weiteren Zitate und Parallelstellen. Ziegler erwähnt keine zeitgenössischen Autoren; insgesamt paraphrasiert er mehr und zitiert im Original nur kurze Sätze. Stöffler vergleicht die Zitate nicht, sondern lässt sie nebeneinander stehen. Am häufigsten erwähnt er Ptolemaios, z. B. zum Horizont: „Die Position der Sphäre verändert ihren Sitz bei Ptolemaios um 1° über eine Distanz von 500 Stadien (93 km), bei den älteren Autoren“ um 700 Stadien (130, 2 km, S. 43). Bei Pseudo-Proklos verändert sich der sichtbare Horizont auf eine Distanz von 400 Stadien. Auch paraphrasiert Ziegler Homer in dem Satz, dass der Ozean nie die Große Bärin berühre. Homer erwähne „Kynosura“ („die große Bärin“) zwar nicht, sondern nur „Helike“ („die kleine Bärin“), er müsse sie aber wohl gekannt haben, da beide Bärinnen schon bei den Phönikern (1. Jtd. v. Chr.) beobachtet werden (S. 27). Ferner schreibt Ziegler, dass der Dichter Arat noch nicht alle zu seiner (Zieglers) Zeit beobachteten Sternzeichen kannte, nimmt also Arat als Quelle für die Sternbilder in der Sphaera an.

Toussain zitiert vorwiegend antike Autoren wie Vergil, Ovid, Peter Apian (1495–1552), Hygin, aber auch Albertus Magnus (Bl. 21v) und Erasmus (Bl. 17v und Bl. 21r), wobei er vermutlich Stöfflers Kommentar verwendet.58 Am Anfang von Toussains Kommentar steht die geometrische Sphärendefinition aus Peter Apians Cosmographia (1495–1552) nach Theodosios wie auch in Henischs Kommentar (1609b, 26). Weiter reichert er die Passage mit Parallelstellen von Hygin, Plinius, Anaximander (610–547 v. Chr.) und Cicero an (Bl. 16v–17r). Offenbar besteht ein Austausch zwischen Toussain und Apian, denn letzterer erwähnt Pseudo-Proklos’ Sphaera in seiner Cosmographia, wo er die Definition der Achse der Sphäre und die Synonyme der Pole zitiert: „Die Achse der Sphäre (nach dem Autor Proklos Diadochos) wird ihr ,Durchmesser‘ genannt, um den sie sich dreht.“59

Gedichte zum Memorieren von Manilius zur Milchstraße und Tibull bzw. Albius Tibullus III, 7 (55–19/18 v. Chr.) [hier falsch: „Tabullus“] zitiert Rheticus verselang (zu den Klimazonen, Vergil und Arat zu den „poetischen“ Auf- und Untergängen); diese Zitate liefern gleichzeitig neues Wissen. Von den nicht-poetischen Autoren wird nur Ptolemaios in der Definition der „Ursachen“ (Causae) des Sterns (Bl. 46r) und im Appendix zu den „Arten der Aufgänge“ (De generibus ortuum, Bl. 49v) zitiert. Rheticus erwähnt Proklos Diadochos auch im Plinius-Kommentar, wobei unklar ist, auf welches Werk des Proklos er sich bezieht: „Beachte Proklos’ Meinung: Die Sonne wird durch die Mitte des Tierkreises und nie weiter nördlich oder südlich getragen. Venus darf sich in jede Richtung bewegen, mehr als jeder der anderen Planeten. Nach Venus darf der Mond sich fünf Teile in jede Richtung bewegen, Merkur vier, Jupiter zweieinhalb und Saturn nur einen Teil.“60

Schreckenfuchs gibt den Studenten Lektüreempfehlungen. Er schreibt, dass man zu den Bergen, Flüssen und Städten die Commentaria geographica des Ptolemaios mit seinen Tafeln lesen solle (S. 71). Auch zitiert er Sacrobosco in dem Hinweis, dass es außerhalb der Wendekreise zwei Wenden gebe, eine obere und eine untere.61 Eine tabula climatum enthält die sieben Klimazonen des Sacrobosco,62 die auch Stöffler mit den Städtenamen zitiert (Bl. 63r).

Anonymus Hauniensis zitiert zur Neigung der Ekliptik und zum Äquator (Bl. 79r, Kapitel über Koluren) antike und frühneuzeitliche Autoren wie Aristarchos von Samos, Ptolemaios und Kopernikus. Der letzte nehme an, dass die Schiefe des Tierkreises in einer gleichmäßigen Bewegung steige und sinke und dass der Äquator in 1.717 Jahren den Tierkreis berühren werde. Nach 3.434 Jahren werde die Schiefe der Ekliptik ausgeglichen sein (Bl. 64r). Zu den Sternzeichen zitiert Anonymus Hauniensis zahlreiche Dichter, darunter Hesiod und Ovid (Fasti 5), und zur Definition der Milchstraße vergleicht er verschiedene Meinungen, darunter jene, dass sie in antiken Globen mit weißem Wachs eingezeichnet worden sei. Wie der Tierkreis sei die Milchstraße ein realer, sichtbarer Kreis mit Breite, kein imaginärer wie die Parallelkreise. Einige meinen, dass die Sonne mit ihrer Hitze diese Spuren im Himmel eingedrückt habe. Die zweite Meinung sei, dass dieser Kreis einen Weg zum Himmel darstelle wie bei Ovid (iter est superis ad regiae tecta tonantis). Andere würden dichten, dass Herkules an der Brust Junos schlief und als sie das Kind Jupiter entgegenstreckte, ein Teil der Milch in den Himmel floss und die Milchstraße bildete. Andere wiederum glaubten, dass in der Milchstraße die Seelen verstorbener starker Männer ruhen würden. Aber die wahrste Meinung sei diejenige Demokrits von Abdera (460/459–371 v. Chr.), die Plutarch auch erwähne, dass die Milchstraße aus vielen kleinen und zusammenhängenden Sterne bestehe, deren Schein den Menschen wegen der großen Distanz von der Erde als zusammenhängend erscheine (Bl. 92v–93r). Zur Substanz, aus der die Sterne bestehen, zitiert Anonymus Hauniensis den Heraklit von Ephesos (um 520–um 460 v. Chr.) und die Epikureer (4./3. Jh. v. Chr.).

Der anonyme Kommentar, der in der Handschrift Cod. Guelf. 256 enthalten ist (Wolfenbüttel), zitiert Dichter wie Martial, Manilius und den Philosophen Seneca sowie aristotelisch-traditionelle Begriffe wie machina mundi und sphaera recta et obliqua. Ferner enthält der Kommentar im Vorwort (Praefatio) auch einen Verweis auf Sacrobosco neben Claudius Bruneus (geb?) als Autor, der über die Sphäre geschrieben habe (Anonymus 1615, 3v).

Nützliche Messanleitung oder zur Nützlichkeit der Sphaera

Häufig geben die Kommentare zu Pseudo-Proklos’ Sphaera den Nutzen der Himmelskreise für Messungen mit astronomischen Instrumenten an. Rheticus schreibt, dass die Studenten (studiosi) beispielsweise aus der Größe der Parallelkreise erkennen sollen, wie die Wendekreise und der Äquator sichtbar werden und wie der arktische Kreis bei verschiedener Elevation des Pols den sichtbaren Teil des Himmels eingrenzt. Daraus ermitteln die Astronomen die „poetischen“ Auf- und Untergänge und die Reihenfolge der fünf Parallelkreise (Kap. 6). „Poetische Aufgänge“ haben die Funktion, erkennen zu lassen, welche Sterne immer sichtbar oder unsichtbar sind, welche östlich und welche westlich stehen (44v+, hier fehlt die Blattnummer) und welche Stürme und Jahreszeiten laut Vergil kommen (Bl. 47r–v).

Das Diktat ist die gängige Lehrmethode an der Artistenfakultät im 16. Jahrhundert.63 So fasst Rheticus den Inhalt der Sphaera in diktierten Lernregeln (Regula) zusammen: Alle Sterne, die 38° nördliche oder südliche Deklination über dem Äquator haben, gehen auf und unter, aber solche mit höherer oder niedrigerer Deklination sind im arktischen Kreis immer sichtbar. 38° müssen von jeder Elevation des Äquators über dem Horizont abgezogen werden (Bl. 43r). Rheticus schreibt, der Gebrauch der Abstände der Parallelkreise sei es, 1. die Höhen der Kreise im Meridian zu beobachten und mit Instrumenten zu messen; 2. die Entfernung der Sterne vom Äquator und vom östlichen und westlichen Wendekreis zu ermitteln. Die Abstände der Hauptsterne vom Äquator könne man in astronomischen Lehrbüchern (ephemerides) nachschlagen.

Diese Funktion des Sphaera-Textes für Instrumentenmessungen wird wiederholt formuliert; Ziegler erwähnt das Astrolabium, das zur Zeitmessung dient, und Danti die Konstruktion des Erdglobus und die Platzierung der Sterne auf den Himmelsgloben. Auch der anonyme Autor der Handschrift Cod. Guelf. 256 erklärt in seinem Überblick der antiken Astronomie die Teile des Globus. Anonymus Hauniensis betrachtet die Parallelkreise als armillae, wie auch Ziegler, der den arktischen Kreis als „Grenze des Auf- und Untergangs von Jupiter, Aurora und Vesper definiert, wie man im Sphäreninstrument [in organo sphaerae] sehen könne.“ Auch nennt Schreckenfuchs häufig den Nutzen des Äquators (S. 15–17): 1. die Bewegung des primum mobile in 24 Stunden zu messen, 2. durch ihn zweimal im Jahr das Äquinoktium zu erkennen, 3. die Länge von Tag und Nacht zu messen, 4. zu erkennen, welche Sterne im Norden und im Süden liegen, 5. die Deklinationen nach Norden und Süden zu zeigen, 6. die ratio parallellorum zu lehren („die Lehre von den Parallelkreisen“) und 7. die Grundlage der Himmels- und Erdbeschreibungen zu zeigen, was Schreckenfuchs anhand einer geometrischen Konstruktion vermittelt.

Danti interessiert sich für den „Nutzen“ (uso) der Kreise, den die Sphaera meist verschweigt: Die fünf Parallelkreise seien nützlich für die Astronomie und die Geographie, denn sie zeigten die Deklination der Sonne, d.h. die geographische Breite, in der die Sonne im Zenit stehe. Die Deklination beweise den Sitz der Sterne, ihre Auf- und Untergänge und diene in der Geographie zur Unterscheidung der Zonen hinsichtlich der Länge der Tage und der Verschiedenheit der Schatten. Der Äquator diene zur Konstruktion des Erdglobus und zur Platzierung der Sterne auf den Himmelsgloben. Der Horizont trenne die rechte von der obliquen Sphäre und zeige die Auf- und Untergänge der Sterne, die Breitengrade der Städte und die Polhöhe der Regionen. Schreckenfuchs erwähnt, dass man die Bewegungen des Horizonts nicht sehen, aber sie durch eine Zeichnung herleiten könne am Beispiel Freiburgs (S. 53–55). Er erläutert die drei Positionen der Pole, die Proklos im ersten Kapitel erwähnt, durch ein Bild mit geometrischen Anmerkungen (S. 7–8). Ähnlich definiert Anonymus Hauniensis den Nutzen des Äquators, dass er 1. den Tag und die Nacht gleichmache, 2. ein Maß und die Regel der Bewegung des primum mobile sei, 3. das Maß der Tage und Stunden darstelle, 4. dass vom Äquator wie von der Grenze die Deklinationen der Sterne und aller Teile des Tierkreises gezählt werden, 5. und 6. dass vom Äquator die Breite des Ortes gemessen werde, 7. dass er die Sphäre in einen nördlichen und einen südlichen Teil teile.

Oft erklärt Danti, wie man den Sfera-Text praktisch anwenden könne. Wenn man die Dioptra in Proklos’ Region bei einer Höhe von 54° einstelle, sehe man bei der Hälfte des Meridians durch die Dioptra am Himmel den Sitz des Äquators, bei 30° den Sitz des Winterwendekreises, bei 78° den Sitz des Sommerwendekreises und bei 64° den Sitz des arktischen Kreises. Ferner erklärt Hagius, wie man den Durchmesser der Erde ermittle (qua ratione diameter terra, Bl. 112r–v), die Umgebungen der Himmelskreise (De invenienda peripheria orbium coelestium, Bl. 113r) und den Abstand des Sonnenkreises von der Erde (distantia a terra orbis solis, Bl. 113r).

Geometrie in den Kommentaren

Die folgenden Kommentare enthalten geometrische Inhalte, wie sie Euklid in seinen Elementa, dem Standardlehrbuch für Geometrie in der Frühen Neuzeit, behandelt, d.h. die Grundbegriffe der Geometrie „Punkt“, „Linie“, „Gerade“, „Ebene“ und „Winkel“. Ziegler bezeichnet die Kreise, die Achse und die Pole mit geometrischen Punkten, ohne diese jedoch durch Zeichnungen zu verdeutlichen; in Kap. 1 definiert er: „Die Achse der Welt ist eine Linie AB, die in Gedanken durch die Sphäre gezogen wird. Die äußersten Punkte dieser Achse sind A und B, und B ist der Nordpol, A der Südpol“ (S. 23). Den Äquator definiert Ziegler folgendermaßen: „Es ist dieser [Kreis], der von beiden Polen A und B die Mitte der Sphäre beschreibt, wie der Kreis CEDF“ (S. 29). Anonymus Hauniensis nennt geometrische Beispiele wie den Bogen Vd als „Elevation des Pols“ in Vratislava (Breslau). Diese Stadt erwähnt Anonymus Hauniensis häufig in seinen Beispielen. Außerdem zeigt Anonymus Hauniensis Anleitungen zu astronomischen Rechnungen der Elevation des Pols aus der Proportion des Gnomons zum Äquinoktialschatten. Dantis Kommentar umfasst 20 geometrische und astronomische Anmerkungen zu einzelnen Begriffen und Phrasen sowie unnummerierte Kapitel.64 Auch enthält der Kommentar zahlreiche geometrische Abbildungen mit Beschreibungen im Text, die zum Nachzeichnen oder zum Ergänzen weiterer Linien einladen. Die beiden gemäßigten Zonen liegen zwischen dem arktischen Kreis NM und dem Sommerwendekreis EA, „diese bewohnen wir“, schreibt Danti, „zwischen dem antarktischen Kreis LK und dem Winterwendekreis GR“. In Kap. 14 stellt Danti einen Zusammenhang zwischen den Parallelkreisen und den Zonen her, die am Himmel und auf der Erde fünf Zonen beschreiben. Die „verbrannte“ Zone liegt zwischen den beiden Wendekreisen, im Bild zwischen BD und AE (LK; vgl. Abbildung 6.3), die „nördliche gefrorene“ zwischen dem arktischen Pol und dem arktischen Kreis (NM) bzw. die „südliche gefrorene“ zwischen dem antarktischen Pol und dem antarktischen Kreis.

Abb. 6.3: Die Klimazonen, aus: E. Danti, Florenz, 1573, S. 44, Library, MPIWG.

Abb. 6.3: Die Klimazonen, aus: E. Danti, Florenz, 1573, S. 44, Library, MPIWG.

6.2 Die allgemeine Definition des „wissenschaftlichen humanistischen Sphaera-Kommentars“ in der Frühen Neuzeit

Ein wissenschaftlicher Kommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera in der Frühen Neuzeit ist ein Text, der Begriffe oder Phrasen eines anderen Textes, in diesem Falle Pseudo-Proklos’ Sphaera, zu erklären versucht. Der Kommentar fungiert als Lehrbuch, das durch beliebig viele Themen, Zitate und Informationen erweitert werden kann. Lediglich die Struktur des Ausgangstextes wird beibehalten und die Inhalte (mit individueller Gewichtung) aufgegriffen. Ein Kommentar dient einerseits dazu, den Ausgangstext verstehen zu helfen, andererseits, ihn für Messungen und geometrische Konstruktionen nutzen zu können. Ficino schreibt in seinem Kommentar zu Platons Menon, dass der Kommentator das Einzelne erklären solle (singula discutere). Er unterscheidet zwischen argumentum, commentarius und epitome, welche alle die Funktion haben, den Grundgedanken eines Textes herauszuarbeiten.65 Blair bezeichnet Kommentare der frühen Neuzeit als variae lectiones, die auf Notizen für den Unterricht beruhen, z. B. bei dem Venezianer Caelius Rhodiginus (1469–1525) und dem Franzosen Adrien de Turnèbe (1512–1565).66 Die Kommentare können aus Definitionen, Etymologien, Synonymen, Parallelstellen, Vergleichen mit anderen Autoren, Messanleitungen oder geometrischen Konstruktionen der Himmelskreise bestehen. Mythen und Anekdoten sollen den Studenten der Renaissance die Kultur der Griechen näherbringen. Wortverzeichnisse (Stöffler, Ziegler) erleichtern den Studenten das gezielte Nachschlagen von Begriffen. Kommentare können eine Einleitung zu Autor, Thema und Struktur und einen Appendix mit verschiedenen Themen enthalten. Auch werden die Kommentare mit dem Originaltext gedruckt und sind wie das Original gestaltet.67 Aber im Falle des Pseudo-Proklos enthalten nicht alle Kommentare den Sphaera-Text, sondern auch Inhaltsangaben oder Paraphrasen. Titel, Inhalt und Struktur ist den Kommentaren zu Pseudo-Proklos und auch zu Sacrobosco gemeinsam. Es fehlen allerdings bei Pseudo-Proklos-Bearbeitungen das Vorwort, die divisio (Übersicht über die Gliederung des kommentierten Werks), außer bei Stöffler, und die disputatio (die Behandlung der durch den Bezugsabschnitt aufgeworfenen Fragen) des scholastischen Kommentars.68

Latein dient als universale Wissenschaftssprache, jedoch gewinnt der volkssprachliche Kommentar im 16. Jahrhundert gegenüber dem Originaltext zunehmend an Eigenbedeutung,69 im Falle Sacroboscos v. a. in Küstengebieten, wo dieses Wissen für die Seefahrt verwendet werden kann,70 bis hin zu seiner Loslösung von der Textvorlage.71 Die Definition der Kommentare zu Pseudo-Proklos und zu Sacrobosco unterscheidet sich nicht, nur ihre Rezeption, d.h. die Druckorte, Personengruppen und die Inhalte.

In seinem rhetorischen Werk De ratione dicendi (1532) unterscheidet Juan Luis Vives zwischen dem commentarius simplex, der Notizen im Stile von Caesars Commentarii enhalte (Vives bezeichnet also Caesars klaren, aber eleganten Berichtsstil fälschlich als „Notizen“), und dem commentarius in aliud. Letzterer unterteilt sich in den Kurzkommentar (brevis, contractus), der einen Text in fokussierter Weise analysiert, und den Langkommentar (diffusus), d.h. Kommentare zu philosophischen, astronomischen, medizinischen, juristischen und auch literarischen Werken.72 Zum Langkommentar gehören die im Fließtext verfassten Kommentare (commentarius) des Johannes Stöffler und Georg Henisch sowie des Johannes Hagius’ annotata, des Anonymus Hauniensis’ explicatio und die (wenn auch verwirrend betitelten) notae des anonymen Kommentars in der Handschrift Cod. Guelf. 256. Dem knappen Notizstil ist die Mitschrift zu Rheticus’ Vorlesung zuzuordnen (1536). Zum Kurzkommentar gehören Kommentare zu einzelnen Begriffen bzw. „Glossen“; sie tragen den Titel annotatiunculae wie bei Jacques Toussain oder annotazioni bei Egnazio Danti. Stöfflers Kommentar verfolgt eine scholastische Struktur (1534), wogegen die noch späteren Kommentare des Hagius (1591) und Anonymus Hauniensis (1591) freier gestaltet sind.

Zur Gliederung von Sacroboscos und Pseudo-Proklos’ Sphaera über die Himmelssphären werden über die Jahrhunderte unter dem Thema „Kosmologie“ weitere Inhalte hinzugefügt, so dass die Traktate fast wie Enzyklopädien wirken, so auch in Vallas Paraphrase und Stöfflers Kommentar zu Pseudo-Proklos.73 Wenn ein Thema in einem Sphaera-Traktat aus der Sacrobosco- oder Pseudo-Proklos-Tradition neu aufgenommen wird, erscheint es oft in späteren Ausgaben, unabhängig von Druckort und Herausgeber.74 So werden Elemente aus Stöfflers und Toussains Kommentaren von späteren Kommentatoren wiederverwendet.

Die Schwerpunkte der Kommentare liegen auf den Grundlagen der Kosmologie, die für Messungen notwendig sind: die Parallelkreise und die Konstellationen. Das Zufügen von Themen wird als Verbesserung des Sphaera-Textes empfunden. So möchte Clavius mit seinem Sphaera-Traktat das mathematische Verständnis des Themas verbessern.75 Catena bezweckt mit seiner bilingualen lateinisch-italienischen Ausgabe von Linacres lateinischer Übersetzung der pseudo-proklischen Sphaera eine Einführung in die lateinische Sprache für Architekturstudenten. In den Kommentaren zu Pseudo-Proklos’ Sphaera wiederholt sich, dass die arktischen Kreise bei den griechischen und lateinischen Autoren unterschieden werden. Immer wieder wird der Nutzen der Himmelskreise für Messungen erwähnt, geometrische Instrumentenkonstruktionen vorgenommen und astronomische Daten zitiert, etwa bei Stöffler, Ziegler, Rheticus, Schreckenfuchs, Danti, Anonymus Hauniensis und Hagius. Auch die Milchstraße und die Zahl der Sternbilder sind beliebte Themen in den Kommentaren.

Abschließend zeigt sich in den Kommentaren zu Pseudo-Proklos’ Sphaera keine klar trennbare Kommentartradition des Pseudo-Proklos „dichterisch“ gegen „praxisbezogen“,76 sondern eher eine Vermischung beider Traditionen durch antike Parallelstellen und philologische Methoden einerseits und geometrische Abbildungen und Tabellen andererseits. Diese Vermischung wird v. a. deutlich in Drucken aus der Schweiz, Österreich, Italien und Frankreich, weniger aus Deutschland und England. Eher lassen sich geometrische (Schreckenfuchs, Danti) und astrologische Kommentare unterscheiden (Salisbury, Anonymus Hauniensis), deren Inhalt durch Abbildungen verdeutlicht wird. Dabei können geometrische Abbildungen durch dichterische Zitate (Stöffler, Vinet) ergänzt werden.

Johann Stöfflers Hauptkommentar zu Pseudo-Proklos’ Sphaera zitiert eklektisch Dichter- und Prosazitate, ohne vom traditionellen aristotelisch-ptolemäischen Weltbild abzuweichen. Auch die anderen Kommentatoren der Sphaera zeigen ein traditionelles Weltbild mit Verwendung aristotelischer Begriffe, zitieren aber gleichzeitig eklektisch Autoren verschiedener Textgattungen und Jahrhunderte, darunter aus dem 16. Jahrhundert Kopernikus. Die Kommentare zu Sacroboscos Sphaera dagegen enthalten wenige Dichterzitate (z. B. Clavius, Barozzi, Finé) und werden auch nicht mit Gedichten gedruckt. Sacrobosco wird oft auf eine Referenz für den Haupttext des Pseudo-Proklos reduziert. Auch dient Sacrobosco nicht dem Erwerb des Lateinischen. Die Rezeption des Pseudo-Proklos im Umfeld des Erasmus und Melanchthon ist bezeichnend für ein humanistisch-literarisches Werk gegenüber Sacrobosco, dem traditionellen Universitätslehrbuch. Pseudo-Proklos wird auch an Kollegien und Gymnasien unterrichtet, Sacrobosco an Universitäten und Navigationsschulen. Die Gymnasien verwenden mehr platonische Texte als die Universitäten und ziehen eine breitere Leserschaft an.77 Sacrobosco gehört in die mathematische Tradition, Pseudo-Proklos auch, aber ebenso in eine literarisch umfassende Schule im Sinne der reformatorischen Bildung.

Renaissancekommentare zu antiken Werken können insgesamt als flexible Einführungen in antike Literatur, Geschichte und Kultur verwendet werden, wobei die Renaissancekommentatoren dem Beispiel der antiken Kommentatoren folgen. Die Kommentare zu Pseudo-Proklos’ Sphaera dienen als Einführung in komplexere Werke, dem Verständnis des Originals und der Anleitung für astronomische Messungen. Pseudo-Proklos’ Sphaera wird als Grundlagentext für Astronomie, Geographie und Griechisch verwendet, aber auch als Referenztext in Renaissancedrucken anderer astronomischer Werke. Volkssprachliche Kommentare bringen neue Fachtermini anstelle der lateinischen hervor wie boule oder effect. Häufig wählen sie mehrere Begriffe für einen Ausdruck, um die Verständlichkeit zu verbessern (Vinet, Salisbury, Catena).

Fußnoten

Vgl. Kindermann 1989, 313.

Vgl. Huber 2006, 178.

Vgl. Lehnhardt 2002, 64; Zymner 2003.

Vgl. Gladigow 1995, 37.

Vgl. Sluiter 2000, 192–203.

Vgl. Hoye 1997, 156; ein Beispiel des Kommentars ad litteram in der Quaestio-Form ist Thomas 2006 und Thomas 2007.

Vgl. Guthmüller 2000.

Hic nihil praetermittemus, quod Dialectico necessarium sit, tametsi fortasse breves nimium videamur. Idem quoque in oratoriis praeceptis conabimur efficere, vgl. Ringelbergius 1531, 73.

Zur Vereinigung von theoretischem und praktischem Wissen vgl. Valleriani 2017a.

Vgl. Grössing 2012, 52, 58.

Vgl. Pettegree 2002, 321; Badino 2013; Valleriani 2017a, 15.

Vgl. Kuhn 1962; Kuhn 1977.

Vgl. Bachelard 1972, 24–28.

Vgl. Kristeller 1955, 16.

Vgl. Stöffler 1534, 78r.

Vgl. Grössing 2012, 42.

Vgl. Wuttke 2004, 9; Grössing 2012, 48–49.

Zu Stöffler vgl. Todd 2003, 38–40.

Zu Stöfflers Verbindung zu Melanchthon vgl. Reich 2012.

Vgl. Jöcher 1751a, 853.

Inkunabelabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin, Signatur 4“ Wf 458. Den Hinweis zur Datierung verdanke ich Herrn Professor Dr. Overgaauw, Leiter der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin.

Vgl. Krayer 1991, 25f..

„Lo Stofflero poi secondo me deve riporsi nel numero di quelli che ne le mathematiche non sono stai acuti, ma hanno atteso ad una semplice prattica, come Gemma Friso, Andrea Stiborio, Pietro Apiano e simili; perciochè acuti matematici dico io chi acutamente dimostra e tratta cose più profonde di quello che si siano la dottrina de la sfera materiale e gli elementi geografici, o le schiette calcolationi de le tavole astronomiche“, vgl. Baldi 1998, 354.

Vgl. Haller 1970, 104.

Vgl. Fletcher 1986, 158.

Zu Ulrich von Württemberg vgl. Heyd 1841; Günther 1987.

Vgl. Toussain: Paris, 1543; Paris, 1547; Paris, 1553; Paris, 1556; Paris, 1560; Paris, 1562; Paris, 1557; Paris, 1560; Vinet: Paris, 1543; Poitiers, 1544; Paris, 1573; Paris, 1553; Bordeaux, 1553; Poitiers, 1554, bei Bocheti Fratres; Poitiers, 1554, bei Enguilbertius Marnefius; Paris, 1557; Tournon, 1592; Leiden, 1593; Wittenberg, 1597; Schreckenfuchs: Basel, 1561; Basel, 1585; Henisch: Augsburg, 1575; Augsburg, 1609.

Vgl. Moll 1877, 25–26.

Vgl. Günther 1987.

Vale, cumque Christofero filio tuo, expectationis maximae, ac indolis optimae principeque dignissima[o], vgl. Stöffler 1534, 3r.

Quid de Hyazinthe, Carbunculo, Smaragd, Chrysopraso et alias dicam? Quorum parua, uirtus autem maxima. De gemmis ad animantia uenio. Formicis nostratibus minutis animalibus magna inest fortitudo, uirtus, sagacitas, aut (ut ita dicam) prouidentia, vgl. Stöffler 1534, 1v.

Liber eius de Sphaera breuiter et succincte tradit radices et fundamenta, quae tyronibus ad Astronomiam aditum praebent, et viam patefaciunt. Et si igitur paruus mole, magnus tamen dignitate est: gemmae similis, quae minor est marmore, si quantitatem: maior, si precium spectes, vgl. Henisch 1609b, 22.

Vgl. Paulus 2005, 193–194.

Vgl. Valla 1501, 57v.

Universalis autem (inquit [Iohannes de Sacrobusto]) mundi machina in duo dividitur, in aetheream, scilicet, et elementarem regionem. [...] Circa elementarem quidem regionem, aetherea regio lucida [...]. Et haec a philosophis Quinta nominatur Essentia, vgl. Thorndike 1949, 78.

Nec mirandum hominem genitum non statim omnia nouisse etiam humana. Rudis etenim fuit priscorum uita, non tamen minus ingeniosam fuisse in illis obseruationem apparebit, quam nunc esse rationem. Quo sit, quod nemo est qui nesciat, scientiarum incrementa in spe facta: Facile certe est inuentis addere etc., vgl. Stöffler 1534, 78r.

Astronomi officium: Hoc loco noscendum est, Proclum hic excedere limites Astronomicos. Haudquaquam officium est astronomi omnium rerum astronomicarum reddere emussicat narrationem, quia id ei est impossibile, ad quod nemo artatur. Ex punctim sane singula ratiocinari Physici est officium, et non raro Geometrae. Astronomia enim, quam Ptolemaios in libris magnae compositionis docet, inuenta est per instrumenta, quod manifestarium est ex Dictione eiusdem prima et tertia, ubi docet compositionem Quadrantis et eius usum, vgl. Stöffler 1534, 66r–v.

Assumit igitur author noster hic officium physici, qui naturalium rerum perfectiones examussim pensitat atque causas reddit, vgl. Stöffler 1534, 66r–v.

In hoc capite de signifero ultimo sphaerae intrinseco disserit. Et paucis multa comprehendit, de quibus alii diffusius scribunt, vgl. Stöffler 1534, 57v.

Vgl. Barnes 1992; die Begriffe in Klammern stammen von Leinkauf 2006, 90–103.

Vgl. Aspers Vortrag in Asper 2016; vgl. auch Most 1999, X; Kraus 2002, 6–22.

Vgl. Most 1999, VIII.

Zur Diskussion der utilitates astronomiae in der Frühen Neuzeit anhand konkreter Beispiele vgl. Omodeo 2017.

Vgl. Hess 1975, 149.

Vgl. Asper 2007, 19–21.

„Ne fait pas celle de Iohannes de Sacrobosco, qui fait les cercles Arctiques beaucoup plus petitz“, vgl. Vinet 1573, 22, Kap. 8, Anm. 3.

Ad hanc rationem vel corrigantur numeri Procliani vel excusentur: quoniam in tantis terrarum spatiis, deinde commentariis, et tabulis terreni situs differentibus donandum authoribus est, si quippiam calculo indulserunt, sique sequuti diversa fuerunt, vgl. Ziegler 1536, 53.

Vgl. Szàbo 1992, 113.

Vgl. Valleriani 2017b, 438.

Vgl. Valleriani 2017b, 451.

Vgl. Valla 1501, Linacre 1523, Anonymus Monacensis ca. 1540, Danti 1573, Lauremberg 1611 und Bainbridge 1620.

Vgl. Scandianese 1556a, Catena 1565 und Henisch 1575.

Vgl. Vinet 1543a, Salisbury 1550 und Thuroczi 1556.

Estque in Graeca lectione A [= Δ] pro Λ legendum, vgl. Ziegler 1536, 44. A ist die griechische Handschrift, die Ziegler vorliegt, dazu vgl. Todd 1993, 66, Anm. 15; Todd 2003, 40.

Haec lectio sicut est aliena a potestate Sphaerae, sic istud fuerit alienissimum, ut lapsum tam manifestem tribuamus autori. Nos adiectum dicimus a lectore quopiam parum cauto, vgl. Ziegler 1536, 60.

Non equidem persuaderi possum, tantum virum in Astrorum scientia ignorasse intercapedinem zonarum tam in gradibus quam in stadiis. Atqui crediderim potius hunc errorem irrepsisse per ignaviam librariorum, S. 73.

Turnebus, sive quia non poterat, sive quia sui fastus alienum putabat, Grammaticae Graecae praeceptum nullum unquam in cathedra regia docuit: Tusanus singulorum verborum vim propriorum aut modificatorum latine, singulis item propriis aut modificatis, et quidem Ciceronianis maxime reddebat: si verba singula deessent, aut his totidem reddi non possent, conjunctis definiebat, et graecam phrasim latina explebat [...] praecipuum studium ponebat in etymologia et syntaxi verborum, vgl. Lefranc 1970, 174–175; Ramus 1577, 578–579.

Vgl. Grafton 1983, 73.

Axis Sphaerae (auctore Diadocho) vocatur dimetiens ipsius, circa quam volvitur, vgl. Apian 1524.

Vgl. Kraai 2003, 245.

Hoc etiam non dissimulandum est, quod habitantibus extra tropicos tantum duo sint solstitia, quod notius est quam ut de eo fiant verba plura [...] siquidem Ioannes de Sacrobusto esserat etiam in libello de Sphaera, duo esse alta, et duo ima solsticia, vgl. Schreckenfuchs 1536, 38.

Vgl. Thorndike 1949, 111–112.

Vgl. Tuck 1998, 17–19.

Vgl. Todd 2003, 45.

Vgl. Ficino 1576, 1133; Leinkauf 2006, 87–89.

Vgl. Blair 2006.

Vgl. das „Label Sacrobosco“ bei Valleriani 2017b, 429ff..

Vgl. Paulus 2005, 94f.; 193f..

Vgl. Pantin 2000.

Vgl. Valleriani 2017b, 447.

Vgl. Buck 1975, 14–19.

Vgl. Guthmüller 2006, 1001.

Vgl. Valleriani 2017a, 15.

Vgl. Valleriani 2017b, 440.

Vgl. Valleriani 2017b, 459.

Vgl. Todd 2003, 13.

Vgl. Pozzo 1998, 285f..